Sterns Frauen kommen bei Türkiyemspor nach 225 torlosen Minuten wieder ins Rollen
Einfach war es nicht für die Fußballerinnen des SFC Stern 1900, sich für die Partie gegen die Kreuzbergerinnen zu motivieren. Innerhalb von fünf Tagen hatten sie in der vergangenen Woche erst gegen Spitzenreiter Hohen Neuendorf und dann gegen Verfolger Berolina Mitte jeweils 0:1 verloren – und damit alle Chancen auf Meisterschaft und Aufstieg verspielt. Nur drei Tage später machte sich das sowohl körperlich als auch mental bemerkbar, zumindest in der ersten Hälfte. Nach dem Seitenwechsel kam der Express allerdings ins Rollen, am Ende hieß es 4:1 für die Gelb-Blauen.

Ein bisschen Balsam für die geschundenen Seelen war der letztlich furiose Auftritt schon. Die Niederlage gegen Hohen Neuendorf hatte an Nerven und Selbstverständnis gezehrt, erreichte man doch als Team nicht die Form, die nötig gewesen wäre, um die individuelle Klasse des Branchenführers auszugleichen. Ein verdienter Rückschlag, lautete die allgemeine Erkenntnis nach dem ersten Dämpfer.
Als dann gegen Bero das zweite Spiel gegen einen direkten Konkurrenten verloren ging, sanken die Köpfe unter die Kunstrasennarbe. Zumal mit etwas mehr Fortune und Durchschlagskraft mehr möglich gewesen wäre. Erst verschlief Stern die Schlussphase der ersten Hälfte, was Beros Topscorerin Maiken Ueberschär für den Treffer des Tages nutzte (44.), dann drückte die Rießler-Elf zwar auf die Tube, erspielte sich aber nur noch zwei richtig große Chancen.

Die dickste vergab Emina Wacker, als sie kurz nach dem Seitenwechsel sich gegen die letzte Abwehrspielerin durchsetzte, sich dann aber für einen Fernschuss anstatt für den Sololauf auf die Bero-Torhüterin zu entschied. Der Schuss verunglückte zudem – zum Entsetzen von Trainer Roman Rießler. Man kann noch diskutieren, ob Alina Cibusch in der ersten Hälfte nach einer Ecke den Abschluss besser mit dem Kopf gesucht hätte oder nicht. Ihr Volley strich jedenfalls knapp links am Gehäuse vorbei, es wäre die Führung gewesen. Gen Ende machte noch eine Sternerin einen Kopfball in Beros Torraum, der harmloser hätte nicht sein können und der Keeperin in Slomo vor die Füße fiel.
Am Ende des Tages, besser gesagt nach den beiden Topspielen, zeigte sich Rießler ernüchtert. „Das war’s für uns. Es ist nicht leicht, aber wir müssen uns dann eben auch eingestehen, dass unsere Qualität für Siege gegen diese Mannschaften und damit auch nicht für den Aufstieg reicht.“

Über die erste Hälfte gegen Türkiyemspor kann man getrost den Mantel des Schweigens legen. Rießler tat es am Spieltag auch. Ungewöhnlich ruhig verharrte er auf der Trainerbank am Spielfeldrand. „Es hat mir natürlich nicht gefallen, was ich da gesehen habe. Aber die beiden Niederlagen und die Englische Woche wollten auch erst einmal verdaut werden.“
Zwei gute Standards bringen Stern auf Kurs
Ansage machte er dennoch. So sollten seine Schützlinge doch bitte im weiteren Verlauf Ecken und Freistöße aus dem Halbfeld oder von der Seite auf den zweiten Pfosten bringen, anstatt die Kugel der ersten Verteidigerin auf den Kopf zu zimmern. Gute Idee, fand Emina Wacker und drehte in der 54. Minute einen Freistoß von links, höhe Strafraumgrenze, rechts oben in den Knick. Auch das 0:2 resultierte aus einem guten Standard. Eine Ecke senkte sich zwischen Torraum und Elfmeterpunkt. Dort stand Alina Cibusch und wuchtete den Ball per Kopf in die Maschen (74.).

Die Entstehung des dritten Tores nur fünf Minuten später habe er nicht genau gesehen, berichtete Rießler. „Jedenfalls stand Kathi Herber goldrichtig und schob den Nachschuss aus acht Metern Entfernung souverän ins Tor.“ 0:3, die Messe war gelesen, aber eine Kugel hatte Stern noch im Lauf. Diana Steinmeyer, in der zweiten Hälfte als rechte Außenverteidigerin am Werk, ließ sich aufs Gleis setzen, nächste Station: Grundlinie. Von dort legte sie das Spielgerät schulbuchmäßig zurück in die Box und Adressatin Leonie Brünner veredelte den schönen Spielzug mit einem platzierten Schuss in die lange Ecke. Der Treffer für Türkiyemspor gelang Samreen Nishat in der letzten Spielminute.
Noch 15 Punkte? „Wir wollen sie alle!“, sagt Coach Rießler
Auch wenn der Meisterschaftszug ohne die Steglitzerinnen abgefahren ist, so rollt wenigstens der Express SFC 1900 wieder. Und weil dem so ist, wird der Rest der Saison mit einem neuen, nicht wenig ehrgeizigen Ziel überschrieben. „Es sind jetzt noch fünf Spiele, also 15 Punkte zu vergeben. Und die wollen wir alle haben“, sagte Rießler.
Fotos: Ralf Seedorf