Sterns Erste erwartet an diesem Sonntag Hilalspor. Beide Teams hinken zumindest ihren Punkte-Ansprüchen hinterher
Nach den beiden Siegen bei Blau Weiß 90 Berlin – erst im Punktspiel (3:1), dann im Pokal (2:1) – geht es für die Elf des Trainergespanns Rießler/Hohnstein weiter im Ligabetrieb, und zwar gegen einen sehr unbequemen Gegner. Hilalspor spielte in der vergangenen Saison lange um die Meisterschaft mit, in dieser Spielzeit kam das spielstarke Team aus Kreuzberg bislang noch nicht so recht in Schwung und steht wie Stern mit lediglich sechs Punkten im hinteren Mittelfeld der Berlin-Liga.
Daraus zieht Coach Roman Rießler den Schluss: “Nicht mit zu großem Respekt auftreten, aber auch nicht unterschätzen.” Seinen exakten Plan will er nicht preisgeben. Nur so viel: Hilalspors Schlüsselspieler sollen an die Kette. Stern kann aus dem Vollen schöpfen, wer aufläuft, entscheiden Rießler und Hohnstein Trainingswoche für Trainingswoche neu. Eine richtig festgespielte Elf gibt es nicht, und das muss nicht das Schlechteste sein.
Die Geschichte von den drei Zauberfüßchen und dem Ägypter
Dazu lohnt es sich, die Geschichte von den drei Zauberfüßchen und dem Ägypter zu erzählen. Die trug sich am vergangenen Wochenende zu, als die Gelbhemden Blau Weiß 90 aus dem Pokal kegelten. 0:1 lagen die 1900er zurück, hatten in den ersten 25 Minuten denn Gegner in dessen Hälfte eingeschnürt. Was fehlte, waren wieder einmal die Tore. “Und wie es dann eben so ist, strampelt sich der Gegner dann nach und nach frei”, analysierte Rießler später diese Partie.
Der Matchplan wurde kurz nach der Pause dann auch noch völlig über den Haufen geworfen. Oguzhan Codura brachte Blau Weiß in Führung (48.). Stern gelang danach nicht sonderlich viel, zumindest kein Tor, weshalb Rießler in der 74. Minute Franz Weztel ins Spiel brachte. Und plötzlich tauchten sie auf, die drei Zauberfüßchen. Nur vier Minuten nach seiner Einwechslung durchschnitt ein scharfer Vertikalpass von Wetzel die vorletzte Reihe der Gastgeber. Dort hatte sich Oliver Gantzberg frei gelaufen. Das Zuspiel nutzte er für einen traumhaften Chip über die 90er-Kette hinweg auf den einlaufenden Marvin Özdal.
Was dann folgte, habe ihn an das Siegtor von Mario Götze im WM-Finale von 2014 gegen Argentinien erinnert, sagte Rießler. Soll heißen: Özdal ließ den Ball von seiner Brust tropfen und jagte ihn danach kompromisslos mit dem Spann zum 1:1 in die Maschen (78.). Großer Jubel – aber nicht der größte an diesem Tag. In der Schlussminute trat ja noch Sterns Ägypter Nabil Abdelaziz auf den Plan. Der Innenverteidiger stahl sich bei einer Freistoßflanke von der linken Seite am zweiten Pfosten davon und nickte zum 2:1-Sieg für Stern ein. Alle im Rund sahen nun, wie richtig großer Jubel aussieht und wie der “Walk like an Egyptian”, einst besungen von den Bangles, richtig geht: Abdelaziz gab nämlich Anschauungsunterricht.
Warum die olle Kamelle von vor einer Woche ausgepackt? Weil sie viel aussagt. Vor allem über die Spurensuche der Steglitzer nach der Form vom vergangenen Spieljahr. Da brachte Stern nichts aus der Ruhe. Rückstände wurden in schöner Regelmäßigkeit in Siege umgebogen. Brechstange? Her damit! Machen wir! Und der Dreier gegen Blau Weiß war wieder genau so einer: Moral siegt über Müdigkeit, Ehrgeiz über bis dato vielleicht mäßig gestaltete Begegnungen. Die Fährte ist wieder aufgenommen.
Und das unabhängig vom Personal. Siegtorschütze Abdelaziz schmorte zuletzt lange auf der Bank, bekam nun die Chance und zeigte nicht nur durch das Tor die richtige Reaktion. Und Wetzel – derzeit ebenfalls aus dem zweiten Glied – agierte nach seiner Einwechslung einfach mal so, als wäre er von Anfang an dabei gewesen. “Er hat da im Mittelfeld gleich für mehr Klarheit in den Aktionen gesorgt”, fand Rießler.
Darum wird es gegen Hilalspor gehen müssen. Zu zeigen, dass die drei Siege in Folge die 1900er wieder ein Stück näher an ihr eigentliches Leistungsvermögen herangebracht haben. Gefahr von möglichst vielen Positionen auszustrahlen, alles für den Triumpf des Teams zu investieren, von der Nummer 1 bis zur Nummer 55. Und sich all dieser Stärken bewusst zu sein, wenn der Sterner betreten wird. Und dann, das ließen einzelne Spielphasen sowie viele tolle Spielzüge und spektakuläre Aktionen in dieser Saison schon erahnen, wird es für jedes Team in der Liga schwer, gegen Stern zu punkten – auch für Hilalspor. Anpfiff ist um 11.30 Uhr.