Eher Selters als Sekt

Matthias VogelStories

Sterner Männer kassieren beim TSV Mariendorf eine deftige 1:4-Niederlage

Für Stern 1900 heißt es in der Berlin-Liga nach der ernüchternden Pleite bei Mariendorf, kleinere Brötchen zu backen. Die Mannschaft offenbarte grobe Fehler in der Defensivarbeit und verlor auch in dieser Höhe verdient. Trainer Roman Rießler legte den Finger in die Wunde: „Katastrophales Abwehrverhalten, als Verbund genauso wie im Eins-gegen-eins.“

Eddie Udeoka (re.) war einer der wenigen, dem das Trainer-Duo eine anständige Leistung attestierte.

Der Spielverlauf spricht eine deutliche Sprache. Bereits vor der Pause war die Messe gelesen. Erst erkannte Sterns Hintermannschaft einen langen Ball nicht rechtzeitig und verharrte an der Mittellinie. Jannis Krieger war auf und davon und schob überlegt zur Mariendorfer Führung ein (26.). Das 2:0 besorgte Pascal Wedemann per Foulelfmeter – Flo Medrane war einen Schritt zu spät gekommen und traf deshalb nicht nur den Ball, sondern auch den Adressaten eines hohen Balls in den Sterner Strafraum. Der dritte Streich gelang Louis Kromat: Die Steglitzer vertändelten einen Ball im ersten Drittel. Kromat legte sich die Kugel noch einmal zurecht und packte sie dann aus 20 Metern fulminant in die Maschen des Sterner Kastens.

Rießler und Co-Trainer Stefan Hohnstein hatten genug gesehen, wechselten noch vor der Pause Yannick Woithe und Nabil Abdelaziz für Carl Schnur und Rayen Chafra ein (41.) und ließen fortan mit Dreier- anstatt Viererkette und mit zwei Spitzen kicken. Wenigstens führte das während der zweiten Schicht zur Stabilisierung des Sterner Spiels und zu einem Treffer. „Der war sogar schön herausgespielt“, sagte Rießler. Woithe steckte in der Mariendorfer Box für Olli Gantzberg durch und der passte zu Yusuf Yorguner ins Zentrum. Mit dem linken Fuß traf Yorguner unten rechts (51.) zum 3:1.

Fassungslos registrieren Roman Rießler (li.) und Stefan Hohnstein das mangelhafte Defensivverhalten ihrer Schützlinge.

Bei diesem einen Lichtblick blieb es für die Rießler-Elf. „Wir haben noch zwei Standards, die man vielleicht machen kann“, so Rießler, der ob der desolaten Vorstellung seines Teams merklich angefressen war. Das hatte auch mit dem vierten Gegentreffer eine Viertelstunde vor Schluss zu tun. Kromat nahm aus dem Mittelfeld Anlauf, ließ fünf Sterner stehen und machte nach seinem Spaziergang den Deckel drauf. „Legt der da ein Solo auf’s Parkett und wir gucken zu. Unfassbar!“, kommentierte der Coach die an diesem Tag symptomatische Szene.

Ja, vielleicht hätte man auf das Angriffspressing auf dem großen Rasenplatz im Stadion an der Prühßstraße verzichten sollen, räumte Rießler ein. „Aber die Mannschaft möchte das ja so spielen, sagt, das Abwarten liege ihr nicht. Dann aber bitte auch mit der Bereitschaft zur Defensivarbeit.“ Entschuldigungen wolle er generell nicht gelten lassen. „Ausdrücklich habe ich auf die langen Bälle aus dem Halbfeld hingewiesen, die Mariendorf spielt. Auch war das Doppeln auf den Flügeln eine Vorgabe. Ist leider nicht geschehen.“ Dem Gegner wollte er nichts wegnehmen: „Die sind wie erwartet noch einmal um ein Stück stärker als vergangene Saison und gehen wirklich ein beeindruckendes Tempo.“

Paul Odenthal (im Sandwich) hat sich das Comeback nach seinem Kreuzbandriss sicher anders gewünscht.

Rießlers Fazit: Die fünf Ausfälle seien nicht zu kompensieren gewesen. Und ab sofort gelte es erneut, sich auf die Basics zu konzentrieren und vor allem die vielen Gegentore abzustellen. „Es sind in dieser Saison im Schnitt über zweieinhalb, also eindeutig zu viel.“ Künftig würden auch die Spieler auflaufen, die „defensiv denken“ und auch danach handeln könnten.

Im Training draufhauen wolle er nicht. Im Gegenteil: „Ich denke darüber nach, die Einheit an diesem Dienstag ausfallen zu lassen. Zur mentalen Entlastung. Mir ist bewusst, dass diese Vorstellung auch an der Mannschaft selbst zehrt.“ Und dann müsse eben am nächsten Sonntag beim 1. FC Wilmersdorf ein Sieg erzwungen werden.


Fotos (4): Ralf Seedorff. Titelbild: Nach der Umstellung mit Yannick Woithe (re.) als zweite Spitze lief es für Stern besser.