Sterns Präsident Bernd Fiedler teilt Verantwortung – künftig bildet er mit Roman Rießler ein Führungsduo
Bernd Fiedler steuert den SFC Stern 1900 gefühlt schon eine Ewigkeit durch den Berliner Amateurfußball, genau gesagt seit 1989. 36 Jahre lang war es keine Frage, wer was wie entscheidet. Fiedler hat das gemacht. Doch was vor einem halben Jahr noch undenkbar war, ist seit der Generalversammlung am vergangenen Freitag amtlich: Der streitbare Vereinsboss überträgt Verantwortung, Votum und Aufgaben zu gleichen Teilen an Roman Rießler, 44, Ex-Spieler der Ü32 beim Verein, Ex-Coach der Ersten Männer und aktueller Trainer der Ersten Frauen.
Den anwesenden Mitgliedern – 120 Stimmberechtigte hatten den Weg in die „Sternstunde“ gefunden – gefiel die Idee einer Doppelspitze, die Fiedler und Rießler ja schon im September anlässlich der 125-Jahr-Feier über die „Fußball-Woche“ lanciert hatten. Sie stimmten bei drei Gegenstimmen und acht Enthaltungen für das neue Tandem.

Damit endet eine Ära, in der Meinungen links und rechts von Fiedlers Marschroute für gewöhnlich wenig Platz hatten. Das eckte sicher nicht selten an, war aber laut Fiedler keinesfalls zum Schaden des Vereins. Er selbst beschrieb es am Tag nach der Wahl so: „Ein bisschen ,Diktatur‘ hat manches in der Vergangenheit auch erleichtert und die meisten waren mit meiner kantigen, gewöhnungsbedürftigen, schlagfertigen Vorgehensweise zufrieden – weil sie selber manchmal nicht die Kraft und den Mut aufbringen, gegen Egoisten anzukommen. Manche sagten mir am Freitag, dass sie meine stets faire und geradlinige, nur für den Verein denkende Handschrift ,lieben‘. Daran hätten sie sich persönlich und sachlich orientieren können. Und dem Verein ging es gut und er wuchs, bis die Platzverhältnisse und das Sportamt den Verein in seiner Entwicklung stoppten.“
Einen Verlust von Macht fürchte er nicht, zumal er seine bisherige Tätigkeit nie mit diesem Begriff in Verbindung gebracht, geschweige denn so empfunden habe. „Mehr mit Verantwortung mit absoluter, nicht verhandelbarer Siegermentalität.“ Doch die Frage drängt sich natürlich auf, ob es Fiedler nach so langer Zeit in Eigenregie schwerfallen wird, Dinge aus der Hand zu geben. Dazu sagte er: „Ich habe seit einiger Zeit das Gefühl, es ist besser, den Übergang zu einer neuen Vereinsführung verantwortungsbewusst zu Lebzeiten selber noch zu koordinieren, bevor eine Versammlung mangels Bewerbern zufällig oder — noch schlimmer – gezielt den falschen Personen die Verantwortung überträgt.“
Er müsse auch akzeptieren, dass zukünftige Lösungen nicht mit herkömmlichen alten Mitteln und Methoden zu erreichen sind. „Ob jüngere die richtigen Antworten geben, ist nicht sicher, man sollte aber rechtzeitig abgeben können und gemeinsam läuft es vielleicht noch besser, zumindest die stark verbesserungswürdige Kommunikation innerhalb des Vereins.“

Womit bei dem Grund angelangt wäre, der Rießler schlussendlich dazu bewegte, über die Co-Leadership ernsthaft nachzudenken. „Bernd hat gesagt, dass er mir vertraut“, sagte er, als er sich den Mitgliedern vorstellte, das ehre ihn. „Und ich habe festgestellt, dass zwar gerne viel geklagt und gemeckert, aber wenig gemacht wird. Ich will aber machen.“ Dinge anschieben, zum Guten verändern, dass ist Rießlers Ding. Und er will damit schon im Kleinen beginnen: Ordnung im Jugendraum, bessere Außendarstellung von Trainern und Teams und – wie Fiedler auch – bessere Kommunikation.
Ob das Zusammenspiel des neuen Tandems funktioniert, wird sich weisen. Aber wenn es funktioniert, würde der Begriff „Doppel-Wumms“ gut passen, mit dem Ex-Kanzler Olaf Scholz 2022 die große Wirkung seines 200-Milliarden-Euro-Hilfpakets für Bevölkerung und Wirtschaft verdeutlichen wollte. Zwei Männer, die klare Vorstellungen davon haben, wie der SFC Stern 1900 bestens aufgestellt in die Zukunft gehen könnte und dafür gemeinsam alles tun, das hätte schon Wucht.


