Vier Punkte aus den letzten zwei Spielen – zu wenig für 1900. Jetzt kommt Hohen Neuendorf
Maxi Obst hatte zum Halali auf die Tabellenspitze geblasen, hatte eine Siegesserie angekündigt, und nach dem Sieg gegen Mariendorf konnte man das durchaus für möglich halten. Die Ernüchterung erfolgte am vergangenen Mittwoch im Nachholspiel gegen den Berliner SC. 1:1 hieß es am Ende. Vom Spielverlauf her war das Ergebnis in Ordnung, weil leistungsgerecht. Für die Meisterschaft als großes Ziel war es freilich zu wenig. Flo Medrane, Sterner Kapitän, war nach der Partie enttäuscht. Doch er machte auch Mut: „Das Gute an Englischen Wochen ist: Du kannst dir schon ein paar Tage später wieder ein gutes Gefühl holen. In unserem Fall so eines, wie wir es nach dem Dreier gegen Mariendorf hatten.“

Einfach wird es an diesem Sonntag aber nicht, die Stimmung aufzuhellen. Zu Gast ist Hohen Neuendorf, eine Mannschaft, die zwar im letzten Tabellendrittel steht, die aber in der jüngeren Vergangenheit der Saison mit tollen Ergebnissen auf sich aufmerksam gemacht hat: Ende November den Tabellenzweiten Wilmersdorf rasiert, im neuen Jahr Mariendorf (3:2) bezwungen, nur knapp gegen den Branchenführer Croatia verloren (2:4) und zuletzt Türkspor ein 0:0 abgetrotzt.
Nichtsdestotrotz glaubt Co-Trainer Patrick Fischer, der am Mittwoch in Abwesenheit von Headcoach Maxi Obst den Hut aufhatte, an einen Sieg: „Wieder Heimspiel, wieder mehr wichtige Spieler, die zurückkommen. Ich bin guter Dinge. Wir müssen ein bisschen zu unserem Stil der Hinserie zurückkommen. Die Spiele mehr über unsere Spielweise kontrollieren. Das Tempo bestimmen. Dann sind wir am stärksten.“

Was Fischer durchblicken ließ, beschrieb Medrane so: „Wir laufen personell schon wieder auf der Felge.“ Und deshalb war es einfach auch nur schwer bis gar nicht möglich, so zu spielen, wie in der Hinrunde und so die Begegnung und deren Tempo zu kontrollieren. Im Zentrum fehlten den Sternern Leistungsträger wie Luca Rohr und Lukas Rohana. Dazu Topscorer Nicolas Fäßler und die beiden Defensivspezialisten Dennis Dombrowe und Jule Hartmann.
Nico Wobeser nach einem Jahr endlich wieder für Stern am Ball
Auf der Doppelsechs agierten also Nico Wobeser, der nach einjähriger Verletzungspause erstmals wieder kickte, und Winterneuzugang Colin Drost, eher auf außen beheimatet und auch erst mit einem Startelf-Einsatz für die Steglitzer. „Da ist es klar, dass wir in der zweiten Hälfte nicht alle Räume schließen konnten und uns Nico Wiesner wieder mit drei, vier starken Paraden im Spiel halten musste“, konstatierte Medrane. „Bezeichnend für unsere Situation auch, dass wir wieder zwei U19-Spieler auf der Bank hatten.“

Schlecht waren die Sterne in die Nachholpartie gestartet, hatten wenig Zugriff auf den Spielaufbau des BSC und ließen zu viele Chancen zu. Erstens, weil die Gäste äußerst variabel eröffneten, weshalb Medrane sagte: „Sehr gut gemacht, das muss man auch mal anerkennen.“ Zweitens aber, weil laut Fischer körperlich nicht genug entgegengesetzt wurde und drittens das eigene Umschaltspiel zu fehlerbehaftet war. Die Folge war das 0:1 nach einer Viertelstunde durch Immanuel Neunteufel. „Das mussten wir uns selber ankreiden“, sagte Fischer.
Nach einer Zeit stellte sich Stern aber besser auf den Gegner ein und bekam die Partie in den Griff. Medrane wurde dann etwa nach einer halben Stunde im Strafraum elfmeterreif von den Beinen geholt. Er schritt selbst zum Punkt – und vergab den Ausgleich. „Ich war mir sicher, wollte Verantwortung übernehmen. Ärgerlich, dass es nicht geklappt hat“, sagte er. Nur zehn Minuten später machte es Oliver Gantzberg besser. Wieder verhängte der Schiedsrichter einen Foulelfmeter gegen den BSC, Gantzberg verwandelte zum 1:1-Pausenstand beziehungsweise -Endstand (41.). „In der Anfangsphase sind wir mit einem blauen Auge davongekommen“, urteilte Fischer, „der Halbzeitpfiff kam wiederum für den BSC zur rechten Zeit.“
Medrane vermeldete einige gefährlich Konter der Gäste aus der zweiten Hälfte, die bessere Schlussphase sprach er dem eigenen Team zu. Fischer gab ein „rauf und runter“ zu Protokoll, ohne wirklich gute Chancen auf beiden Seiten, ausgenommen von einer „100prozentigen“ durch Gantzberg. Am Ende war das Ergebnis für ihn „gerecht“.

Was er weniger gerecht fand, war das Wirken der Unparteiischen nach der Pause. „Es ging nicht um krasse Fehlentscheidungen, aber vier- bis fünfmal infolge wurden unserer Offensivaktionen durch taktische Fouls des Gegners unterbrochen, die allesamt nicht mit gelb bestraft wurden. Man merkt den Schiedsrichtern an, dass sie selber nicht auf höherem Niveau gespielt haben und das Verständnis für eine taktische Manipulation eines Spiels teilweise komplett fehlt. Dadurch entsteht null Spielfluss und auch wir müssen notgedrungen auf lange Bälle gehen, weil ein Rausspielen so unmöglich war.“
Fischer: „Es geht auch ganz schnell wieder in die andere Richtung, wo alles wie von selbst geht.“
Passiert! Vier Punkte aus den letzten beiden Spielen nach dem Fehlstart in die Rückrunde – es könnte tatsächlich ja auch schlimmer sein. Und warum nicht einfach am Sonntag gegen Hohen Neuendorf die Serie an ungeschlagenen Spielen fortsetzen oder eine neue Siegesserie starten? Nichts anderes sagt auch Patrick Fischer im Prinzip: „Ich wünsche mir gerade für die Jungs, dass wir uns am Wochenende mit einem eindeutigen Ergebnis belohnen. Sie arbeiten gut im Training. Vieles stimmt im Team, aber die Klarheit und das Selbstverständnis fehlen ein bisschen. Jeder, der gespielt hat kennt diese Phasen, wo scheinbar mehr gegen dich läuft, als für dich und du in deinem Kopf bist. Aber es geht auch ganz schnell wieder in die andere Richtung, wo alles wie von selbst geht.“
Fotos: Ralf Seedorff