Unerklärlicher Blackout

Matthias Vogel1. Herren, Stories

Männer des SFC Stern 1900 schenken in den Schlussminuten Partie gegen die Kickers ab: 2:3

Oliver Gantzberg war nicht zerknirscht – er war stinksauer, als der Schiedsrichter die mäßige Berlin-Liga-Begegnung auf dem Sterner abpfiff. Zweimal hatte er Stern mit tollen Toren in Führung geschossen und Spandau egalisierte selbige nicht nur zweimal, sondern entführte noch alle drei Punkte. Und das, weil sein Team in der Schlussphase schlichtweg das konsequente Verteidigen vergaß.

Eddie Udeoka (am Ball) hat nicht Recht behalten: Diesmal lagen die Kickers dem SFC Stern nicht.

Nach einer halben Stunde brachte Gantzberg Stern in Front. Am Ende einer schicken Kombination, kam er – etwas links versetzt – an der Strafraumkante in Ballbesitz, fackelte nicht lange und packte den Ball mit links rechts unten in die Ecke. So wirklich abgezeichnet hatte sich der Treffer nicht. Trainer Roman Rießler: “Das war auch der erste brauchbare Spielzug.” Rießler monierte zu wenig schnelles vertikales Spiel seiner Elf, dafür habe ihr die Ruhe am Ball gefehlt.

Schon der Ausgleich zum 1:1 durch Malik Fall hätte verhindert werden müssen. Stattdessen wurde die Kategorie “Kacktore des Jahres” um ein Kapitel erweitert. Beim Versuch, den Ball aus der Gefahrenzone zu schlagen, traf ein Sterner Fall in den Unterleib. Der Spandauer krümmte sich vor Schmerz am Boden, während der Ball als Bogenlampe über Keeper Niko Wiesner hinweg ins Tor trudelte (65.).

Lange Bälle zu verteidigen war Trumpf gegen die Kickers.

“Egal”, dachte sich Gantzberg und knallte nur zwei Minuten später aus vollem Lauf den Ball unter das Dach des Kickers-Gehäuses. Richtige Antwort, die Rießler so kommentierte: “Ein Wahnsinnstor!”. Besser wurde das Spiel danach nicht unbedingt, aber immerhin verwaltete Stern den Vorsprung. Nur sechs Minuten fehlten den Steglitzer Kickern dann, um einen vielleicht “dreckigen” Sieg einzufahren und auf Platz 4 (!) der Tabelle zu klettern. Doch es kam anders. Beim 2:2 ließ sich Eddie Udeoka auf der linken Abwehrseite düpieren. Die scharfe Hereingabe verwertete Khasan Dzaukhar am zweiten Pfosten in die lange Ecke (86.). “Auch Carl Schnur rückt von der rechten Seite zu spät ein”, analysierte Rießler. “Abgesehen davon sind wir genug im Strafraum, um das zu verteidigen.”

Nicht einmal ein Punkt blieb auf dem Sterner. Zwei Minuten vor Schluss wurde der Ball wieder nicht entschlossen aus dem Strafraum befördert. Aus dem Gewühl heraus traf Isaac Wana zum 2:3 (88.). Damit sorgte er für leere Sterner Hände und ratlose Gesichter überall.

Das ist dann wohl das, was oft als Vollversammlung im Strafraum bezeichnet wird. Für Stern am Sonntag eine stets ungemütliche Situation.

Kapitän Lukas Rohana versuchte einen Tag später, diese fahrlässig vergebene Chance, der Tabellenspitze um ein gutes Stück näher zu kommen, in Worte zu fassen: “Denke, wir haben bis fünf Minuten vor Schluss kein sehr gutes, aber ein ordentliches Spiel gemacht und auch folgerichtig geführt. Im Endeffekt verpassen wir es dann in den Schlussminuten die langen Bälle und die daraus entstehenden Standards von Spaki konsequent zu klären. Dadurch entstehen dann die Duelle und Situation in unserem Sechzehner, welche zu den Toren führen.

Sicherlich auch irgendwo unglücklich, aber ich denke, da müssen wir uns als Mannschaft einfach cleverer anstellen, die Flanke zum Ausgleich unbedingt verhindern und auch im Strafraum enger an den Männern stehen, nicht wie bei den beiden späten Gegentoren, wo die beiden Spieler relativ frei zum Schuss kommen. Viele kleine Fehler und unglückliche Aktionen, die in der Summe zu einer brutal bitteren Niederlage führen, die definitiv vermeidbar ist und die wir uns selbst anzukreiden haben. Ich hoffe wir lernen als Mannschaft daraus und bringen dann solch greifbare Siege in der Zukunft über die Bühne.”

Am kommenden Sonntag gastiert Empor Berlin auf dem Sterner. Trainer, Stuff, Fans und das Team, allen voran Oliver Gantzberg, hätten nichts dagegen, würden dann zwei Tore vor heimischer Kulisse für einen Sieg reichen.


Fotos (4): Ralf Seedorff. Titelbild: Doppeltorschütze Olli Gantzberg in Action.