Trainer Kai Brandt hat genaue Vorstellungen davon, wie Stern in der neuen Saison vorne mitspielen kann
Es gibt Videoschnipsel, auf denen sieht man die Berlin-Liga-Kicker von Stern 1900 einen Sandhügel hinaufkeuchen. „Das habe ich das letzte Mal gemacht, als ich 17 war“, sagt Kapitän Flo Medrane, ein paar Tage später, ungeniert neben seinem neuen Trainer Kai Brandt, und grinst er. Zwei Szenen, die ein wenig erahnen lassen, wie Brandt tickt: Durchfegen, ja, mit eisernem Besen, nein.

Gut eine Woche haben der 54-jährige Coach, den Sterns neuer Sportlicher Leiter Erdogan Dogan auf der Suche nach einem Nachfolger von Maxi Obst vom SC Charlottenburg loseisen konnte, und sein Team den Vizemeister nun unter ihren Fittichen. Brandts Fazit: „Wir sind sensationell gut aufgenommen worden, die Mannschaft macht es uns wirklich leicht. Vom ersten Augenblick an haben wir uns wohlgefühlt.“ Und sportlich? „Alle technisch unfassbar gut. Wenn wir die Spieler auf unsere Seite ziehen können, kann das richtig was werden in dieser Saison.“ Die „Kabine gewinnen“ also, wie es heutzutage heißt.
Brandt hat einen genauen Plan, wie er die Gelbhemden in dieser Spielzeit agieren lassen will: „Wir wollen uns nicht nach anderen richten, aber wir gucken schon, wer da kommt. Steht der Gegner tief oder presst er hoch? Es gilt, für beide Fälle Lösungen zu finden.“ Was noch? Es soll – sozusagen als Learning aus der abgelaufenen Saison – zielstrebiger der Torerfolg gesucht werden. Den einen oder anderen Querpass zu viel habe er in der Box gesehen, als er sein neues Team beobachtet hat. „Da müssen wir einen Ticken egoistischer werden“, sagt Brandt.

Die Brandt’sche Marschroute beinhaltet aber auch ein größeres Augenmerk auf die Defensive. Die 46 Gegentore der vergangenen Saison seien jetzt nicht „unfassbar viel“, „aber wir müssen uns schon in der Arbeit gegen den Ball verbessern“, sagt der Trainer. „Gegen bessere oder Mannschaften auf Augenhöhe müssen wir beispielsweise rechtzeitig erkennen, wenn wir das Pressing abbrechen müssen. Und auch die Restverteidigung wird ein Thema sein.“
Brandts Philosophie: Spieler sollen selber Lösungen finden
Derzeit pauken die Steglitzer Fußballer Kraft und Ausdauer – sie dürften die Sanddüne im Grunewald verflucht haben. Im weiteren Verlauf der Vorbereitung will Brandt den Spielaufbau einschleifen – sein Steckenpferd. Die Gradlinigkeit im Sechzehner zu schulen, obliegt dann Co-Trainer Michael Fuß. Der frühere Berliner Top-Torjäger wurde eigens dafür verpflichtet. Steht dann noch die Defensive zum Punktspielstart, erscheint das Ziel von Brandt und dem Rest des Trainerstabes für die neue Saison nur konsequent: Vorne mitspielen. Wen er noch auf dem Zettel habe? „Auf jeden Fall Blau-Weiß, die Füchse und Wilmersdorf.“

An diesem Mittwoch kann sich Stern die erste Dosis Wettkampfhärte holen. Oberligist TeBe kommt zum Test auf den Sterner, um 19.30 Uhr rollt die Kugel. Kai Brandt: „Sie bekommen schon Anweisungen mit auf den Platz. Aber sie sollen vor allem selber machen.“ Auch das ein Grundsatz des neuen Trainers: Seine Mannschaften sollen befähigt werden, selber Lösungen für die Aufgaben auf dem Platz zu finden. „Die Gegner spielen ja nicht immer, wie man das vorher erwartet.“
Fotos: Ralf Seedorff