“Wir müssen uns nicht verstecken”

Matthias VogelStories

Drei Fragen an … Oliver Gantzberg. Der 23 Jahre alte Stürmer hat sich vor dem Pokal-Hit gegen Sparta Lichtenberg einfach das Mikro gekrallt.

Oliver Gantzberg ist entweder direkt erster Verteidiger im Sterner Spiel oder kommt von der 10er-Position aus auf des Gegners Kasten gestürmt. In dieser Saison läuft es für den Angreifer sehr gut, bereits acht Mal verstaute er das Spielgerät im Tornetz der Gegner. Neben seiner Dynamik und Kraft zeichnet ihn der unbedingte Siegeswillen aus. Wenn sich das Team einmal anschickt, sich mit einem Remis zu begnügen, kommt schon mal von vorne der Rüffel, doch bitte für den Dreier steil zu gehen.

Die Sterner Nummer 20 steht in dieser Spielzeit für viel Gefahr vor den Kästen der Gegner.

Gantzberg lernte das Fußball-ABC bei den Grashüpfern des Lichterfelder FC. Dort blieb er bis zur D-Jugend. Dann wechselte er für dreieinhalb Jahre zu Hertha BSC Berlin. “Ich habe sogar kurz unter Pal Dardai trainiert”, erinnert er sich. Es folgte die Rückkehr zum FC Viktoria 1889 Berlin, wie sein Heimatverein mittlerweile hieß. Die A-Jugend verbrachte er dann schon bei Stern 1900, auch weil ein paar Kumpels rübergegangen waren. Dieses Jahr dürfte sein drittes Jahr bei den Herren sein. “Könnten auch vier sein, aber ich war ja in Kalifornien zum Studieren, also eher drei”, sagte er. Derzeit befindet er sich in den letzten Zügen seines Studiums zum Master Finance.

Wenn Zeit bleibt, findet man ihn in der Mucki-Bude oder in den Bergen. “Snowboardfahren ist meine zweite große Leidenschaft”, sagt er. “Die Termine für den Winter stehen schon.” Wenn man verlässlich ins Schwarze trifft, bietet sich natürlich ein spezieller Torjubel an. Wenn Gantzberg einnetzt, zeigt er ab und an mit seinen Fingern ein “A” in die Kamera unseres Haus- und Hof-Fotografen Ralf Seedorff. Was das bedeutet? “Das gilt einer sehr wichtigen Person für mich und wird manchmal eingeworfen. Einfach, um das zu honorieren.”

Eine Qualität von Olli Gantzberg: Auch dahin zu gehen, wo es wehtut.

Jetzt geht’s aber los Olli: Eure Leistungen sind in dieser Saison bislang zu schwankend, deshalb seid ihr momentan nicht bei der Musik. Glaubst du, der Zug in Richtung Tabellenspitze ist abgefahren oder geht noch was?

Olli: “Das mit den Leistungsschwankungen stimmt. Ich hätte mir selber auch gewünscht, dass wir an unser Spiel aus der Rückrunde anknüpfen. Ich muss aber auch sagen, dass die Berlin-Liga stärker geworden ist. Schon finanziell, aber es spielen auch Teams eine Rolle, die in der vergangenen Saison nicht zu sehen waren. Das spricht für die Attraktivität dieser Liga. Okay, der Aufstieg ist wohl nicht mehr möglich, aber ich glaube schon, dass wir mit dieser Mannschaft noch unter den ersten drei bis vier Plätzen landen können. Die vorderen Mannschaften nehmen sich ja auch gegenseitig Punkte weg und wir haben genügend Qualität im Kader, da mache ich mir gar keine Sorgen.”

Thomas Tuchel hat sich auf ein öffentliches Scharmützel mit den Experten Matthäus und Hamann eingelassen. Kannst du ihn verstehen oder war das unprofessionell bzw. zu dünnhäutig?

Olli: “Ich hab das nicht zu 100 Prozent verfolgt. Aber was man allgemein feststellen kann – nicht nur im Fußball – ist, dass alles viel schnelllebiger geworden ist. An einem Tag bist du der Held, am nächsten der letzte Loser. Bei Bayern unterm Brennglas glaube ich ist das noch einmal extremer. Wenn da nicht jeder Gegner 5:0 weggehauen wird, ist es schon eine Krise. Hat man ja auch beim Nagelsmann-Rauswurf gesehen. Da lief alles in sauberen Bahnen und man hat sich trotzdem von ihm getrennt. Deshalb kann ich auch verstehen, dass Tuchel sich da ein bisschen angegriffen gefühlt hat. Zumal man ja gegen Dortmund sofort wieder gesehen hat, wo der Hammer in Deutschland hängt. Ich muss aber sagen, dass Tuchel in manchen Interviews arrogant und trotzig rüberkommt. Als Trainer des FC Bayern sollte er drüberstehen und die Klasse des Vereins auch nach außen tragen. Das haben meiner Ansicht nach Hansi Flick und Julian Nagelsmann besser gemacht.”

Den ein oder anderen Torerfolg feiert Olli Gantzberg gerne mit einer für ihn wichtigen Person.

An diesem Sonntag kämpft ihr gegen Sparta Lichtenberg um den Einzug in die nächste Runde des Landespokals. Ausgerechnet Sparta, möchte man nach den beiden klaren Niederlagen in der vergangenen Saison sagen. Wie kann euch die Überraschung gegen den Oberligisten gelingen?

Olli: “Ich finde es super, dass wir die gezogen haben. Macht immer Spaß, gegen höherklassige Teams zu spielen. Wir haben nichts zu verlieren, auch wenn die Statistik gegen uns spricht und ich ehrlicherweise in der Berlin-Liga noch nie gegen eine so starke Mannschaft gespielt habe wie in der letzten Saison gegen Sparta. Und man sieht ja auch, dass sich deren Trend in der Oberliga fortsetzt. Trotz allem müssen wir uns nicht verstecken. Wir spielen zuhause zur besten Zeit und ich hoffe auch vor einer anständigen Kulisse.

“Wir gehen da mit breiter Brust rein, so viel kann ich versprechen.”

Und wenn ich mir die Trainingswoche ansehe und dass unser Kader langsam wieder komplett ist, wüsste ich nicht, warum wir die nicht auch schlagen können. Ich würde das nicht einmal eine Sensation nennen. Natürlich ist Sparta unfassbar sicher am Ball und unser Pressing ist sicher schwerer umzusetzen. Aber wenn wir einfache Sachen machen, auch mal den Ball in den eigenen Reihen halten können und vielleicht etwas abwartender spielen, denke ich schon, dass wir da eine Chance haben. Wir gehen da mit breiter Brust rein, so viel kann ich versprechen.”