Finale Furioso

Matthias VogelStories

Sterns Spiele zum Ende der Spielzeit sind alles andere als langweilig. An diesem Sonntag geht es zum Rückspiel zu S.D. Croatia – war da nicht was?

Doch, da war was! Ein irres Hinspiel nämlich. Nach 2:0-Vorsprung geriet unser Berlin-Liga-Team vor heimischer Kulisse mit 2:4 gegen Croatia ins Hintertreffen, um dann noch zum 4:4 auszugleichen. Nimmt man die frischen Eindrücke von der wilden Fahrt am vergangenen Wochenende hinzu (2:2 zuhause gegen den SSC Teutonia), gibt es eigentlich keinen Grund mehr, die Steglitzer Kicker im Friedrich-Ebert-Stadion in der Bosestraße 21 nicht zu unterstützen. Schließlich ist beste Unterhaltung zu erwarten. Anpfiff ist um 15 Uhr.

Herausragende Leistung gegen Teutonia: Paul Odendahl kommt immer besser in Schwung.

Über eines durften sich die Zuschauer am vergangenen Wochenende nicht beklagen: über fehlendes Spektakel. Das ging so: Nach einer Viertelstunde dezimierte sich Stern – stark in die Partie gestartet – selbst: Can Cakin sah die Ampelkarte. Dabei ließ er es wohl ein wenig an Disziplin, Schiedsrichter Ole Sicker aber auch ein bisschen an Fingerspitzengefühl fehlen. 75 Minuten in Unterzahl, bei amtlicher Hitze auf dem Sterner? Da musste einem nicht zwingend Gutes schwanen.

Das interessierte die Truppe von Trainer Maxi Obst herzlich wenig. Stark spielte sie von hinten heraus, trug Spielzüge teilweise sogar bis zum Torabschluss vor. Besonders schwer taten sich die Gäste mit den Steglitzer Vorstößen über die Flügel. Außenverteidiger Carl Schnur und Marvin Özdal kamen immer wieder durch, bereiteten Torchancen vor oder kamen selber zum Abschluss.

Schienenspieler Carl Schnur.

Richtig gut aufgelegt war auch Paul Odendahl im Zentrum. Und als SSC-Keeper Marcel Kuhn einen Sterner Steilpass ins Toraus laufen lassen wollt, ersprintete sich Odendahl den Ball, zog nach innen, verlud noch ein, zwei, drei Abwehrspieler und nagelte das Spielgerät endlich zur Führung in die Maschen (34.). Kalt wie Hundeschnauze – ein großartiger Treffer. Mit seinem verzögerten Abschluss wollte Odendahl niemanden bewusst auf die Folter spannen: “Ehrlicherweise ist mir bei dem Tor nicht viel durch den Kopf gegangen, außer dass ich es unbedingt machen wollte”, sagte er nach dem Match. Ein zügigeres Tor wäre ihm wohl zudem selber lieber gewesen: “An meinem Jubel hat man vielleicht auch erkannt, dass ich nach der Aktion ziemlich kaputt war.”

Stern gelang sogar noch das 2:0. Flo Medrane war auf dem Weg dorthin fraglos regelwidrig in der Box von den Beinen geholt worden. Özdal fasste per Elfmeter nach. 55 Minuten waren gespielt. “Der Knackpunkt waren die zehn Minuten danach, da waren wir nicht wach. Die beiden Gegentore müssen wir besser verteidigen”, sagte Sterns Sportlicher Leiter Rober Slotta in seiner Funktion als Co-Trainer. Nur ein Minute später ließ sich die letzte Reihe der 1900er von einem Chip überraschen, der einlaufende Jannik Stenzel überlistete Keeper Nico Wiesner mit einem Heber (56.).

Flo Medrane war nur durch ein elfmeterreifes Foul vom 2:0 gegen Teutonia abzuhalten …

Teutonia witterte wieder Morgenluft und erzielte prompt den Ausgleich. Diesmal segelte ein langer Ball übr die rechte Abwehrseite der Sterner. Der Adressat legte quer, der Rest war für Teutonias Top-Torjäger Jakob Wartchow nur noch Formsache. Beide Gegentreffer rochen tatsächlich stark nach Abseits. Der Unmut auf den Rängen über den Auftritt des Schiedsrichters, der bis dato auch mit gelben Karten für beide Seiten niht gerade gespart hatte, wuchs. Offenbar lag das Gespann aber richtig. “Ich habe mir beide Szenen auf Video noch einmal angesehen: kein Abseits”, sagte Slotta einen Tag nach der Begegnung.

… Marvin Özdal (li.) verwandelte den fälligen Strafstoß sicher.

Schlussendlich blieb es beim 2:2, schlussendlich wohl auch leistungsgerecht. Beide Teams hatten in diesem tollen Fußballspiel noch Chancen auf den Sieg. Schnur und Özdal für Stern, Jakob Wartchow für die Spandauer, der alleine vor Wiesner auftauchte. “Das hat Nico super gelöst, ist lange stehengeblieben, hat sich groß gemacht”, kommentierte Slotta die Glanzparade des Sterner Keepers.

Einen Aufreger gab es noch. Nach einem Sterner Angriff in der Schlussminute ließ der Unparteiische den fälligen Eckstoß nicht mehr ausführen. Sterns Trainer Maxi Obst machte seinem Unmut darüber Luft, dafür zeigte ihm Sicker glatt Rot. Das war auch für Slotta unverständlich: “Wenn man den Eckstoß nicht mehr gibt, muss man sich über Feuer von der Bank nicht wundern.”

Obst kommentierte die Partie dann so: “Ich bin sehr zufrieden mit der Leistung der Mannschaft. Nicht nur die Einstellung hat gestimmt, sondern auch die fussballerische Leistung, die wir 75 Minuten in Unterzahl gezeigt haben. Am Ende sind es leider zehn nicht so gute Minuten von uns, die uns den Dreier kosten. Zum Schiedsrichter: das war heute kein Berlin-Liga-Niveau. Hoffen wir, dass das Gespann heute nur einen schlechten Tag hatte.”

Kapitän Louis Driemel und Paul Odendahl: “Unfassbar stolz auf die Truppe!”

Kapitän Luis Driemel wertete die spektakuläre Begegnung auch: “Ich bin aber brutal stolz, wie sich die Mannschaft der ganzen Situation angenommen hat. Nicht nur wie Flo vor dem Spiel nochmal passende Worte zum Ableben unseres Kameraden Yannick gefunden hat sondern auch wie wir nach der sehr fragwürdigen roten Karte ins Spiel gefunden haben.” Und Paul Odendahl, Mann der ersten Hälfte schwärmte: “Ich bin ich unfassbar stolz auf die Truppe. Wir haben lange in Unterzahl gespielt und trotzdem haben wir mutig von hinten rausgespielt, den Gegner teilerweise sehr gut laufen lassen und uns mehrere Torchancen erspielt. Ärgerlich ist es natürlich, dass wir uns für diese Riesen Leistung am Ende leider nicht belohnen, weil wir ze Minuten etwas schläfrig sind und die beiden Tore fressen.”

Bei Croatia geht es am Sonntag natürlich nicht nur um Schönheit auf dem Platz. Punkte sollen her, der vierte Platz kann in den letzten beiden Spielen der Saison noch erreicht werden. Und dann ist da ja noch das allseits bekannte Schaulaufen für die kommende Spielzeit. Der Weg an den Spielfeldrand lohnt sich in jedem Fall – beim Finale Furioso.


Fotos (4): Ralf Seedorff